„Wir sind nicht der Widerstand. Wir sind Mitgestalter.“

Im Gespräch betonen Marcus Stillwell und Martin Doll, wie sie als Personalrat die Herausforderungen im Studierendenwerk bewältigen und die Bedeutung einer proaktiven Unterstützung für die Mitarbeitenden.

Marcus Stillwell und Martin Doll stehen nebeneinander vor einigen Sträuchern und Bäumen.

Im Interview mit Marcus Stillwell und Martin Doll, Personalrat

Als Vorsitzender und stellvertretender Vorsitzender des Personalrats sind Marcus Stillwell und Martin Doll Ansprechpersonen, Zuhörer, Vermittler – und oft auch stiller Schutzschirm für das Kollegium. Beide kommen aus der Hochschulgastronomie und wissen, wie sich Belastung anfühlt – körperlich wie mental. Im Gespräch erzählen sie, wie sich die Arbeit im Studierendenwerk verändert hat, was ihnen wichtig ist und wo sie sich mehr Unterstützung wünschen.

2024 war ein Wahljahr im Personalrat – mit welchen Auswirkungen?
Martin Doll: Die Wahl an sich verlief ohne große Überraschungen. Alle, die wiedergewählt wurden und heute im Gremium sind, waren auch vorher schon dabei. Ein Vertrauensbeweis. Im Personalrat herrscht Kontinuität.
Marcus Stillwell: Ein großer Vorteil. Wir konnten direkt weitermachen – ohne Einarbeitung, ohne Schulungen, ohne Zeitverlust. Die Themen lagen längst auf dem Tisch.


Welche Themen waren das?
Stillwell: Digitalisierung, Fachkräftemangel, Gesundheit – vieles bewegt sich, und vieles wird anspruchsvoller. Besonders dort, wo Menschen mit Menschen arbeiten, spüren wir das deutlich.
Doll: Der Personalrückgang ist ein großes Thema. Viele Mitarbeitende gehen in die wohlverdiente Rente, und es ist nicht leicht, Ersatz zu finden. Heute zählt jeder Kopf – und jeder Ausfall bringt ein ganzes Team aus dem Gleichgewicht.


Wie zeigt sich das konkret?
Doll: In den Mensen zum Beispiel. Fällt jemand aus, müssen andere einspringen – und geraten dadurch selbst mehr und mehr ans Limit. Es gibt kaum noch Puffer. Ein Teufelskreis entsteht.
Stillwell: Früher war es klar: Wer körperlich nicht mehr konnte, wechselte z. B. an die Kasse. Diese Möglichkeiten fehlen heute oft. Das geht an die Substanz – aller Beteiligter.


Wie wirken Sie solchen Entwicklungen entgegen?
Stillwell: Vor allem mit einem Gesundheitsmanagement, das seinen Namen verdient. Nicht auf dem Papier, sondern im Alltag.
Doll: Und frühzeitig. Wir dürfen nicht erst reagieren, wenn jemand ausfällt. Gesundheit ist das Wertvollste, was wir haben – sie zu schützen kostet Geld, ja. Aber kein Geld zu investieren, kostet auf Dauer mehr.
Stillwell: Genau da kommen wir als Personalrat ins Spiel. Wir sehen, wo es klemmt – oft noch bevor es sichtbar wird.

Verantwortung übernehmen heißt für uns: nicht nur reagieren, sondern mitgestalten.

Wie erleben Sie Ihre Rolle als Personalrat – und was brauchen Sie, um sie gut ausfüllen zu können?
Doll: Wir verstehen uns als Partner – nicht als Gegenspieler. Dafür braucht es Offenheit, frühzeitige Einbindung und Kommunikation auf Augenhöhe.
Stillwell: Wir wollen und brauchen ein gutes Miteinander. Verlässlichkeit im Austausch. Das ermöglicht uns ein frühzeitiges Mitgestalten und schafft ein gutes Verständnis füreinander und miteinander. Daran müssen wir arbeiten. Hier haben wir noch Reserven, bzw. auch gute Chancen.


Die Internationalisierung im Haus nimmt zu – was bedeutet das für Ihre Arbeit?
Stillwell: Es bringt viel Gutes – aber auch Herausforderungen. Im Wohnbereich prallen verschiedene Vorstellungen vom Zusammenleben aufeinander. Und die Mitarbeitenden vor Ort müssen das täglich begleiten.
Doll: Auch im Küchenbereich ist das spürbar. Neue Kolleg*innen kommen mit ganz unterschiedlichen Hintergründen – sprachlich, kulturell, organisatorisch. Sie leisten gute Arbeit, aber es braucht Geduld, Verständnis und Zeit.


Gibt es genug Unterstützung für die Mitarbeitenden in solchen Situationen?
Doll: Noch nicht. Unsere psychosoziale Beratung ist bislang nur für Studierende da. Für die Beschäftigten fehlt ein vergleichbares Angebot – dabei wäre es dringend nötig.
Stillwell: Die Anforderungen wachsen, aber die Ressourcen wachsen nicht mit. Supervision, Schulungen, feste Austauschformate – das würde helfen. Und es würde entlasten.


Was bedeutet Digitalisierung für Ihren Bereich?
Stillwell: Digitalisierung kann unterstützen, keine Frage. Aber sie ersetzt keine Menschen. Wir haben Scannerkassen, aber der persönliche Kontakt ist genauso wichtig – für Studierende und Kolleg*innen.
Doll: Und: Digitalisierung darf nicht zur Verdrängung führen. Kassenarbeitsplätze waren früher auch Rückzugsorte für Mitarbeitende mit körperlichen Einschränkungen. Solche Alternativen braucht es auch heute noch.


Was bleibt Ihnen in Ihrer Arbeit besonders wichtig?
Stillwell: Dass wir nah dran sind – an den Menschen, an den Themen. Wir sprechen oft im Hintergrund, lösen Konflikte, bevor sie groß werden.
Doll: Unsere Arbeit ist wie ein Eisberg. Man sieht nur den kleinen Teil an der Oberfläche. Aber das Entscheidende liegt darunter.
Stillwell: Und genau dort bewegen wir uns – leise, aber wirksam.
Doll: Weil wir selbst in den Bereichen arbeiten, wissen wir, wie es den Kolleg*innen wirklich geht. Das gibt uns ein ehrliches Bild – und eine besondere Verantwortung.


Was wünschen Sie sich für die Zukunft?
Doll: Dass sich die Rahmenbedingungen so entwickeln, dass man gern im Studierendenwerk arbeitet – bis zum letzten Tag.

Dafür braucht es Investitionen – nicht nur in Technik, sondern in Menschen.

Stillwell: Und dass Mitgestaltung auf Augenhöhe zur Selbstverständlichkeit wird. Wir sind nicht Opposition. Wir sind Teil des Ganzen – für die Beschäftigten, für das Haus, für das Miteinander.