Studienfinanzierung: Zahlen & Tipps

Wie viele Studierende nutzen BAföG? Was hat sich durch die Gesetzesänderungen verbessert – und wo gibt es noch Nachholbedarf? Einblicke, Zahlen und praktische Ratschläge rund um die Studienfinanzierung.

Andreas Osterfeld sitzt an seinem Schreibtisch, dahinter ist ein gelbes Gemälde in leichter Tiefenschärfe zu sehen.

Im Interview mit Andreas Osterfeld, Abteilungsleiter Studienfinanzierung

1. Wie viele Studierende nehmen die Angebote der Studienfinanzierung in Anspruch (in %)?
Die Abteilung Studienfinanzierung des Studentenwerkes Osnabrück ist für die Anträge auf Ausbildungsförderung von Studierenden an der Hochschule Osnabrück, der Universität Osnabrück, der Universität Vechta, der Privaten Fachhochschule für Wirtschaft und Technik Diepholz (Standort Vechta) und der Berufsakademie Melle zuständig. An diesen Hochschulen waren im Jahre 2024 ca. 30.000 Studierende eingeschrieben. Im Jahre 2024 sind knapp 7.600 Anträge auf Ausbildungsförderung beim Studentenwerk Osnabrück eingegangen und wurden ca. 6.500 Studierende gefördert, so dass die Gefördertenquote bei 22 Prozent lag.


2. Nutzen die berechtigten Studierenden das BAföG oder könnten mehr Studierende BAföG beantragen?
Die Gefördertenqote ist mit 22 Prozent nicht besonders hoch. Es sollten daher mehr Studierende BAföG beantragen.


3. Das 29. BAföG-Änderungsgesetz hat einige Änderungen gebracht. Was sind die wichtigsten Änderungen des 29. BAföG-Änderungsgesetz?
Die Bedarfssätze und die Elternfreibeträge sind angehoben worden. Es wurde eine Studienstarthilfe in Höhe von 1.000 € eingeführt. Zudem wurde ein sogenanntes Flexibilitätssemester eingeführt.

Auch Fachrichtungswechsel oder Studienabbruch sind jetzt noch bis Ende des 4. Fachsemester mit wichtigen Grund möglich und erst ab Beginn des 5. Fachsemesters ist ein unabweisbarer Grund erforderlich.

4. Was sind Ihrer Meinung nach die wichtigsten Punkte, die im BAföG verbessert werden müssen?
Die Bedarfsätze sollten mindestens den Werten der sogenannten „Düsseldorfer Tabelle“ entsprechen, um das Existenzminium der Studierenden abzusichern.

Auch die Elternfreibeträge sollten erhöht werden, damit mehr junge Menschen erreicht werden, die aus Familien mit mittleren Einkommen kommen.

Zudem sollten die Bedarfssätze und Freibeträge automatisch und regelmäßig angepasst werden.

Die Einführung einer Studienstarthilfe war richtig. Aber die Studienstarthilfe sollte allen Studierenden aus Elternhäusern mit in dem Gesetz vorgesehenen Sozialleistungsbezug sowie allen BAföG-Berechtigten zugänglich sein.

Auch die Einführung eines Flexibilitätssemesters war ein Schritt in die richtige Richtung. Allerdings sollte die Förderungshöchstdauer auf die Regelstudienzeit plus zwei Semester erhöht werden. Nur 31 Prozent der Studierenden haben im Jahr 2022 ihr Bachelor- oder Masterstudium in der Regelstudienzeit abgeschlossen.

Nicht nur der BAföG-Antrag, sondern sämtliche BAföG-Prozessschritte müssen digitalisiert werden, einschließlich e-Bescheid und e-Akte.


5. Wie ist Ihre Einschätzung: reicht BAföG für den Lebensunterhalt (oder wenigstens Unterstützung)?
Die Bedarfsätze sollten mindestens den Werten der sogenannten „Düsseldorfer Tabelle“ entsprechen, um das Existenzminium der Studierenden abzusichern.

Zwei Hände halten mehrere Geldscheine aufgefächert.


6. Welche Schwierigkeiten erleben Sie am meisten im Kontakt mit Studierenden?
In letzter Zeit haben wir den Eindruck, dass immer mehr Studierende Schwierigkeiten haben die Formblätter richtig und vollständig auszufüllen und die richtigen Nachweise einzureichen. Es werden kaum nach vollständige Anträge eingereicht, so dass fehlende Unterlagen nachgefordert werden müssen und sich dadurch die Gewährung von Ausbildungsförderung verzögert.


7. Den Antrag kann man inzwischen Online verschicken. Wie schätzen Sie die Digitalisierung des BAföG ein und wo ist noch Verbesserungsbedarf?
Dass der Antrag inzwischen über BAföG-Digital gestellt werden kann, ist ein Schritt in die richtige Richtung. Aber nicht nur der BAföG-Antrag, sondern sämtliche BAföG-Prozessschritte sollten digitalisiert werden, einschließlich e-Bescheid und e-Akte. Die BAföG-Ämter sollten in die Lage versetzt werden, über ein Online-Portal sicher und direkt mit den Studierenden kommunizieren zu können.


8. Welchen Rat würden Sie Studienanfänger geben?
Studienanfänger sollten gleich nach der Zulassung einen BAföG-Antrag stellen (mit Kopie des Zulassungsbescheides), weil zu Beginn des Semesters, insbesondere zu Beginn des Wintersemesters viele Anträge gestellt werden und daher die Bearbeitungszeiten länger sind.

Sie sollten den BAföG-Antrag spätestens im ersten Monat des Studienbeginns stellen, weil es nämlich BAföG-Leistungen frühestens ab Antragsstellung gibt.

Der Antrag sollte über BAföG-Digital gestellt werden.

Der Antrag kann schneller bearbeitet werden, wenn die Formulare vollständig ausgefüllt und nicht zutreffende Angaben gestrichen werden.


9. Werden andere Angebote der Studienfinanzierung von Studierenden genutzt (Kredite, Stipendien usw.)?
Laut der 22. Sozialerhebung des Deutschen Studierendenwerkes aus dem Jahre 2021 finanzieren 5 Prozent aller Studierende ihr Studium durch Stipendium und 16 Prozent durch Studienkredite.


10. Würden Sie einen Kredit in Anbetracht der kfw-Zinsen trotzdem noch empfehlen?
Zwar ist der Zinssatz seit dem 1. Oktober 2024 von 7,51 % auf 6,64 % gesunken. Aber 6,64 % sind immer noch viel zu hoch. Man muss weiterhin Studierenden abraten, ihr Studium über den KfW-Studienkredit zu finanzieren. Das Verschuldungsrisiko ist und bleibt hoch. Studierenden sollten vor Abschluss eines KfW-Studienkredits sich mit Hilfe des Tilgungsrechners der KfW Zinsen ausrechnen lassen, umzusehen, wie hoch die Belastung ist.


11. Was können Studierende tun, um die Beantragung für die Mitarbeitenden zu erleichtern?
Die Formulare genau lesen und vollständig ausfüllen, nicht zutreffende Angaben streichen und die geforderten Nachweise einreichen.


12. Welchen Rat würden Sie Studienabgängern geben? (in Bezug auf die Rückzahlung des BAföGs)
Das Bundesverwaltungsamt ist für die Rückzahlung zuständig. Daher sollte Sie dort nachfragen.